Der Kerl kann verkaufen

Der Kerl kann verkaufen

Marvin de Vries ist erst 28, aber in der Gastro-Branche schon ein alter Hase. Vier Restaurants im Bahnhof versorgt er mit guten PR-Ideen

Es geht zu wie im Bienenstock. Jeder muss schnell irgendwo hin, alle haben Termine, niemand darf den Zug verpassen. An das bunte Treiben auf dem Hamburger Südsteg gewöhnen sich nur die, die hier arbeiten. Zum Beispiel Marvin de Vries. Der 28-jährige Hamburger ist einer der kreativen Köpfe hinter Sashimi Sushi und der Hopfenlounge. Gemeinsam mit der Geschäftsführung entwickelt er Marketing-Ideen und setzt sie um. Vier Restaurants im Bahnhof und zwei am Flughafen sind sein Revier.

Sashimi Sushi, das ist eines der ältesten Sushi-Restaurants der Stadt. Im Bahnhof führt Sushi-Meister Wan Lishu geschickt das Messer. Bei Wok-Express gibt‘s Frisches aus dem Wok: Ente süß-sauer, Hühnchen mit Erdnusssoße und Hot Crispy Rolls – kurz alles, was Asia-Fans lieben. Und bei der Senfbar? Hier geht´s primär um die Wurst. Curry-Wurst mit Pommes ist angesagt wie eh und je, aber auch Schnitzel und Leberkäse verlieren niemals ihren Reiz.

Wer nun glaubt, dass man sich mit dieser üppig aufgestellten Speisekarte am Bahnhof einfach zurücklehnen kann, der irrt. Geschäftsführer Jens Woest sagt: „Natürlich gibt es im Bahnhof sehr viel Laufkundschaft. Aber nur darauf zu hoffen, dass irgendjemand schon Hunger haben wird – das wäre mir zu wenig. Ich möchte, dass meine Betriebe trotz des Trubels ein Profil gewinnen. Und das funktioniert nur über gute Aktionen.“
Genau an dieser Stelle kommt Marvin de Vries ins Spiel.

Der Winterhuder erzählt von einer erfolgreichen PR-Geschichte, die nach dem Eurovision Song Contest 2014 für Aufsehen sorgte: „Wir veranstalteten damals mit den Medienpartnern Hamburger Morgenpost und dem Sender Alter Radio einen großen Curry-Wurst-Contest. Die Kunstfigur Conchita el Würstchen half uns dabei, in rund sechs Stunden 2014 Würste gratis unters Volk zu bringen.“ Die lustige Aktion brachte der Senfbar viel Aufmerksamkeit – ausgedacht hatte sich den Coup Marvin de Vries.

Mit Sashimi Sushi sprang er auf einen anderen Zug auf. Einige Mitarbeiter stellten sich hochmotiviert in den Dienst der legendären Ice Bucket Challenge. Nach dem eisigen Spektakel spendete Jens Woest einen vierstelligen Betrag zu Gunsten von gemeinnützigen Projekten. Auch so kann man sich im Kosmos Bahnhof positiv positionieren.

Marvin de Vries, der zwei kaufmännische Ausbildungen absolviert hat, ist schon sehr früh mit der Gastroszene in Berührung gekommen. „Schon als Schüler hat es mir Spaß gemacht, Parties zu organisieren. Nicht nur für 40 gute Freunde im Partykeller, sondern für Veranstaltungen mit bis zu 1.000 Gästen im Hamburger Nightlife.“ Er verpflichtete Live-Acts aus den USA und gehörte lange zum inner circle der Partyszene. „Später war ich rund drei Jahre für die Disco Eberts in Schenefeld tätig. Mein einziges Ziel war: Alle sollen einen super Abend erleben.“

Welche Tipps hat Marvin für Neueinsteiger in der umkämpften Branche? „Wer ein Restaurant eröffnet, der sollte einen eigenen Stil leben. Es ist gut, unverwechselbar zu sein. Auf der Karte liegt die Würze in der Kürze: Zwei, drei frische, saisonale Angebote und ein paar Standards mit Pfiff reichen.“ Niemand weiß besser als er, dass noch eine weitere Komponente entscheidend ist: „Die Leute müssen von dir erfahren. Und dabei rücken Smartphones und Social-Media Kanäle immer mehr in den Fokus.“ Mundpropaganda ist gut, aber längst gibt´s die beste Mundpropaganda bei Facebook & Co.

Der Online-Experte, der freiberuflich für diverse Auftraggeber tätig ist, betont: „Zahlen sind das eine. Verkaufen muss gekonnt sein“.

Nach diesem Ausflug in die digitale Welt, ist es höchste Zeit für eine Stärkung im wahren Leben. Wir sitzen bei Sashimi Sushi und de Vries bestellt die Hot Crispy Roll. Dann sagt er ungefragt und augenzwinkernd, dass er noch nie eine bessere Teigrolle gegessen habe. Er hat mich. Keine Frage – der Kerl kann verkaufen…